Geschichte der Siam & Thai
Geschichte der Siam & Thai
Die Thai ist die ursprüngliche Form der Siamkatze in der Optik,
welche die Siam bis in die 40er Jahre inne hatte. Sie teilt mit der Siam
Wurzeln und ein Großteil ihrer Geschichte.
4a. Siamzucht in Deutschland bis 1945

In Europa waren Ende des letzten Jahrhunderts Siamkatzen gelegentlich in den Zoologischen Gärten von Berlin, Frankfurt und Den Haag zu sehen. In Deutschland selbst konnte man bereits 1894 ein Pärchen Siamkatzen im Zoologischen Garten zu Dresden bewundern. (1) Im zugehörigen Zeitungsbeitrag steht geschrieben:
„Im Zoologischen Garten zu Dresden findet sich seit längerer Zeit außer gelben Angorakatzen und blau-grauen sibirischen Hauskatzen auch die siamesische Hauskatze (Felis Domestica var. Siamensis) von habanabrauner Farbe mit schwarzbraunen hohen Beinen. Ohren und Gesicht. Diese letztere gilt als Seltenheit und erfreut sich großer Beliebtheit. Außer dieser Art kommt in Siam noch eine schwanzlose Abart vor, die sich ebenfalls durch auffallend hohe Beine auszeichnet.Das Pärchen, daß der dresdener Garten besitzt, ist ein Geschenk des inzwischen verstorbenen Consuls Leßler. Unsere Abbildung stellt das männliche Exemplar dar. Am Tage ihrer Ankunft befanden sich die Thiere trotz der langen Seereise von Siam ziemlich wohl und ließen sich das ihnen gereichte Futter schmecken. Sie werden mit gekochtem Schellfisch, gekochtem Fleisch und etwas Milch genährt und haben sich an diese Kost ganz vortrefflich gewöhnt. Man hofft auf einer Fortpflanzung dieser sehr beliebten, schmucken Katzen.“ (1)
Der Zoo Frankfurt (M) kaufte 1895 eine siamesische Hauskatze (Felix var. Siamensis) (2). Die Siamkatzen in Frankfurt wurden zur Zucht genutzt. (7) In einem Bericht der Neuen Zoologischen Gesellschaft Frankfurt 1903 wird berichtet, dass eine siamesische Katze von Frau Moskopp aus Wiesbaden geschenkt wurde. (4) Ein Hr. Wilhelm Schuster schrieb 1907 über die dort angetroffenen Siamkatzen: „Im Frankfurter Zoologischen Garten sind zur Zeit zwei Siamkatzen von ungewöhnlicher Größe und ein ungemein starker und schöner Kater. Die eine der Katzen sah ich mit einem kleinen Fisch, der wohl einen Bestandteil des verabreichten Futters gebildet haben mochte, ebenso spielen wie unsere jungen Hauskatzen etwa mit einem Knäuel Garn. Das Tier schlenkerte den Fisch mit der Tatze herum, sprang darauf los und dann wieder auf sein Springholz u.s.w.“ (8)
Und auch vom Hamburger Zoologischen Garten werden Siamkatzen 1893 erwähnt (10). Aus dem Berliner Zoo wird Oktober 1901 die Sektion eines im Berliner zool. Garten verstorbenen männlichen Exemplares der aus Siam stammenden, als Knotenschwanzkatze bezeichneten Rasse der Hauskatze erwähnt. Das Tier war erst am 27. September als Geschenk von Herrn Gehrts aus Siam angekommen und einer Enteritis erlegen. (11) Die Zucht von Siamkatzen ist lt. Zootierliste (1e) im Berliner Zoo seit 1893 belegt. (12) Und im Heidelberger Tiergarten zog eine Siamkatze zwei verwaiste Waschbären groß. (13) Auch im Tiergarten „Doggenburg“ in Stuttgart ist 1907 eine Siamkatze belegt: „…Der frühere Besitzer hielt auch ein halbes Dutzend Hunde in verschiedenen Rassen und eine sehr zahme siamesische Hauskatze….“ (14)
1936 erhielt der Neunkirchner Zoo ein Pärchen Siamkatzen. Ein Neunkirchner Bürger machte dem Zoo die damals noch als exotische Rarität geltenden Hauskatzen zum Geschenk. Immerhin waren es die Siamkatzen, die dem Zoo in den Folgejahren als erste und bis lange nach dem Krieg als einzige Katzenart überhaupt Nachwuchs bescherten. (15)

Nach dem Vorbild Großbritanniens begann auch Deutschland Katzen dem interessierten Publikum vorzustellen. Die erste dokumentierte Katzenausstellung fand in München vom 1.-6.10.1897 mit 77 angemeldeten Katzen statt. Weitere sollten folgen. Die erste internationale Katzenausstellung in Leipzig fand vom 2.-3.3.1899 im Mariengarten statt.
Ausstellungskatalog Hamburg 1930
Die erste internationale Katzenausstellung in Baden Baden fand vom 1. bis 15. Juli 1899 d. I. in Sinner’s Saalbau statt. Die Presse schreibt darüber: „Derartige Ausstellungen wurden auch in Paris. London, München,Stuttgart, Dresden, Leipzig, Breslau und vor Kurzem in Wiesbaden veranstaltet und erfreuten sich jeweils eines sehr regen Besuches. Zu der Badener Katzenausstellung werden nur erstclassige Thiere zugelassen und sind schon Anmeldungen vom In- und Ausland eingelaufen. Zur Anmeldung werden zugelassen:
1. Deutsche Hauskatzen in allen Farben, glatt und stichelhaarig:
2. deutsche oder Halbangora, asiatische, algerische und Maskenangora;
3. Wild- und Schleichkatzen;
4. abgerichtete Vogelstubenkatzen;
5. diverse Kreuzungen.
An Preisen kommen zur Vertheilung: 1. Preis goldene Medaille, 2. Preis silberne Medaille,3. Preis broncene Medaille. 4. Preis höchst lobende Anerkennung, 5. Preis Diplom. Sehr bemerkenswerth ist die Einrichtung, welche die Ausstellungsleitung dadurch getroffen, daß sie den Inhabern von Katzen in Bezug auf Rasse und sonstigen Eigenschaften bereit willigst kostenlose Auskunft ertheilt. Schlußtermin der Anmeldungen ist auf den 22. Juni festgesetzt. Da die Ausstellung wissenschaftlichen und gemeinnützigen Zwecken dient, so hat das Comité beschlossen, einen Theil des Reingewinnes der städtischen Kleinkinder-Kripve und dem Wöchnerinnenheim zu übergeben. Präsident der Ausstellung ist Freiherr v. Flotow-München. Vorstand des Preisrichter-Collegiums der Zoologe Joses F l e s ck, zur Zeit hier. Sämmtliche obengenannten, in Deutschland stattgefundenen Katzenausstellungen, sowie die hiesige sind von dem gleichen Comité ins Leben gerufen und ist ein Erfolg im Voraus gesichert.“ (16)
Die erste internationale Mannheimer Katzenausstellung fand am 15. März 1900 statt. Die Stadt Mannheim lud im Badener Hof zum damals einzigartigen Wettbewerb. Seither zieht sich die Erfolgsgeschichte in allen Ländern der Erde fort. Dabei gibt es von Anfang an natürlich auch kritische Stimmen. Oftmals wird der eigentliche Sinn hinter solchen Katzenshows hinterfragt. (17)
Eine Zeitungsnotiz aus 1900 erwähnt eine internationale Katzenausstellung vom 3.-7.10.1900 in Augsburg, für welche täglich Anmeldungen von auswärts einlaufen u.a. eine „Siamesische Katze, direkt aus Singapore importiert“. (22) Bei einer späteren vom 4.-9.3.1903 stattfindenden Ausstellung in München, dessen Ausrichter der Bund für Katzenzucht und Katzenschutz war, (23) berichtet die gleiche Zeitschrift: „Von den Seltenheiten erwähnen wirzwei siamesische Katzen mit himmelblauen Augen aus dem, Serail des Königs von Siam, deren Ausfuhr mit dem Tode bestraft wird“. (24)
JAHR | LOKATION | JAHR | LOKATION |
---|---|---|---|
1897 | MÜNCHEN (25) | 1903 | MÜNCHEN |
1898 | MÜNCHEN (26), DRESDEN (27) | 14.1.1904 | KARLSRUHE (33) |
1.-15.7.1899 | BADEN- BADEN (28) | 1905 | HAMBURG (34) |
2.-3.3.1899 | LEIPZIG im Mariengarten | 1906 | MÜNCHEN (35) |
15.3.1900 | MANNHEIM (29) | 1924 | NÜRNBERG (36) |
3.5.1900 | MAINZ | 1927 | DRESDEN |
3.-7.10.1900 | AUGSBURG (30) | 5.9.1930 | FRANKFURT (37) |
1900 | BERLIN (31) | 4.-6.4.1930 | HAMBURG |
1902 | LÜBECK (32) | 1933 | LEIPZIG (38) |
Es war damals schwierig, diese seltenen exotischen Katzen zu erhalten und die Zucht selbst war zu der Zeit (wie in anderen Ländern auch) ein Privileg der Reichen und des Adels. (Wie sich unschwer an den Namen vieler Züchter(-innen) erkennen lässt.) Das Vorarlberger Volksblatt berichtet 1913, dass die deutsche Kaiserin selbst Siamesen züchtet:
Die Katzenzucht der deutschen Kaiserin
Es dürfte nicht allgemein bekannt sein, daß die deutsche Kaiserin nicht nur eine große Tierliebhaberin ist, sondern auch eine der schönsten Katzensammlungen in ihrem Neuen Palais in Potsdam besitzt. Es ist eine Zucht der sehr seltenen und einzigartigen Siamkatzen, die in Siam nur im Besitz des Kaisers gewesen sein sollen. Auch heute gilt die Siamkatze in Deutschland noch als eine große Seltenheit. Die Kaiserin hat vor nicht langer Zeit dem Zoologischen Garten in Berlin ein schönes Exemplar geschenkt. Eigenartig ist bei diesen Katzen, die sehr dunkle Färbung des Kopfes und die helle Färbung der Augen. Schöne Tiere haben einen sehr großen Wert, besonders wenn sie, wie die Katzen der Kaiserin, rasserein sind. (39)
Auch der Sohn des letzen Kaisers Adalbert Ferdinand Berengar Viktor von Preußen brachte von seiner ersten großen Reise mit seinem Schulschiff Siamkatzen mit. Seine Schwester schreibt in ihrer Biographie:„Als er zurückkam , brachte er herrliche Geschenke mit , darunter siamesische Katzen. Leider wurden sie böse und mußten in einen Zwinger eingesperrt werden .“ (40)
Nach einem Zeitungsartikel von 1911 erhielt Carl Hagenbeck, Hamburger Zoodirektor, bei einem Besuch auf dem Gut Kadinen des deutschen Kaisers Wilhelm II. von der Kaiserin ein Paar siamesische Katzen geschenkt, „die von den Katzen abstammen, welche der König von Siam den Kronprinzen geschenkt hat.“ (41)
Nach dem 1. Weltkrieg begann langsam die gezielte Zucht von Rassekatzen und der 1. Deutsche Angora-Schutz und Zuchtverein, welcher einige später in den 1. DEKZV überging, gründete sich 1922 unter Konrad Hirschmann. Bereits zwei Jahre später konnte der Verein seine erste Ausstellung in Nürnberg organisieren. Eine große Attraktion waren zwei „siamesische Tempelkatzen mit goldenen Halskettchen„.
Bereits 1924- 1926 züchtete Familie Risch aus Dresden Siamkatzen bis sie 1926 auf die Zucht von Persern umstiegen. (42) 1927, fünf Jahre nach der Gründung des ersten deutschen Katzenvereins, wurden die ersten importierten Siamkatzen in einem Zuchtbuch registriert. Siamkatzen waren in den 20er Jahren auch in Deutschland noch kostbare Raritäten, an deren Zucht sich nur wenige Liebhaber wagten.
Um 1927 gab es zwei registrierte Siamzwinger im Verein: die Zwinger VON BANGKOK (Frau v. Oertzen, Schloss Strass (Neuburg am Inn) bei Passau) und DSCHAYA (Eugenie von Garvens und Herr Saebens in Worpswede). (43) Der erste von Frau v. Oertzen importierte Kater war Chacri v. Bangkok (nr.059) und hatte einen Vollstammbaum bis zu den Urgroßeltern vermutl. engl./französicher Herkunft. Ein weiterer Kater ihrer Zucht, Scheu-Sanda v. Bangkok (nr.001), wäre erwähnenswert, da er in den DSCHAYA Zwinger ging. (44)

Schëu Sanda von Bankok, Züchterin F. v. Oertzen (45)

Asta Dschaya Zü. E. v. Garvens (5)

Siamkatze Zucht Frau v. Oertzen Rittergut, Klein-Wittselde (46)
Der deutsche Kaiser erhielt ein Paar Siamesen geschenkt und gab es zur Zucht an Frau Eugenie von Garvens in Worpswede. (3) Die Siamkatzen aus dem DSCHAYA Zwinger sind bedeutend für die Siamkatzenzucht der 20er und 30er Jahre gewesen.
Eugenie von Garvens – Erfahrungen aus dem Dschaya- Zwinger:
„Züchterische Erfahrungen lehren immer wieder, daß gerade Siamkatzen keine Tiere für Massenzucht sind, obgleich man gerne glaubt, ihrer nie genug um sich haben zu können, weil ein Tier die Schönheit des anderen hebt, und die typischen Besonderheiten dieser Rasse sich am stärksten in ihrer Betonung durch die Zahl offenbaren. Ihre Aufzucht, zumal bei der Unzuverlässigkeit europäischen Klimas, erfordert peinliche Aufmerksamkeit für die Jungen und sehr liebevolle Pflege der tragenden und säugenden Mütter, deren Vitalität nicht mit der robusten Lebenskraft unserer Hauskatzen verglichen werden kann. Im Dschayazwinger Worpswede angestellte Versuche, Tiere eines Wurfes zur Hälfte der Ernährung durch Hauskatzenammen zu überlassen, zeigten erstaunliche Resultate. Die Ammenkinder werden robust, sind unabhängigen Temperaments und noch unbändiger Freßluft, sobald sie selbstständig geworden, die der Siammutter verbliebenen wachsen bis zum vierten Monat langsamer und sind anfällig an Erkältungen, Entzündungen der Augenlider und Staupe. Hier liegen für den Züchter die bekannten Schwierigkeiten, die Rassenhochzucht in sich trägt, und denen zu begegnen erste Sorge sein muß. Negativer Einfluß auf das Wesen der Kleinen trat bei der Aufzucht durch Hauskatzen nicht in Erscheinung, da es sich bei den im Dschayazwinger gehaltenen Ammen um ruhige und zutrauliche Tiere handelt, die ihre Pfleglinge nicht nach Art der Heubodenkatzen mißtrauisch und fauchend hüten, sondern sie jedem voll Stolz zuführen. Vielleicht ist darin eine Lösung des züchterischen Problems gegeben, daß die starken Lebensenergien gleichgearteter, aber rassefremder und unserem Klima entstammender Tiere verwandt werden. Von größter Bedeutung ist gewissenhafte Stammbaumführung, da bei der verhältnismäßig geringen Zahl dieser Tiere in Deutschland Blutsverwandtschaften naheliegen; und deren Folgen könnten in der Nachzucht die größten Schädigungen zeitigen, durch die eine einwandfreie Akklimatisierung der schönen Exoten in Frage gestellt würde – zu unserem Nachteil. Denn wenn wir uns erst dessen bewußt geworden sind, wieviel Schönheit und Geist diese edlen Tiere in unser Dasein tragen, werden wir stets in Sehnsucht nach ihnen leben.“ (47)
Im Monatsheft Querschnitt schreibt von Garvens über Siamesische Maskenkatzen:
„…Eine Katze ist ein Tier von Welt. Die königlichste unter ihnen ist die Maskenkatze Siams. Wildheit eines Raubtiers, gebändigt im Umgang mit den Menschen – und doch ungebändigte Kraft, rassige Geschmeidigkeit eines Pumas, gepaart mit lieblichster Koketterie, weiches Kurzhaar gleich dem glänzenden Fell des Biebers, rätselhafte Augen, vom tiefsten Enzianblau bis zum klaren Blau des Aquamarins in einer Maske von dunklem Braun, das in den weichen Tönen des Rauchtopases über den schmalen Rücken und in dunkle zarte Pfoten verläuft. Das sind ihre Merkmale. Königlich – in ihrer stolzen Unabhängigkeit, und weil sie in den Palästen Siams und seinen Tempeln heilig gehalten wird in der Ueberzeugung, daß die Seelen verstorbener Könige in der Form dieser unvergleichlichen Tiere vollkommenerer Form entgegenreifen. Könnte ich in Worten diesen entzückenden Esprit, der Schönheit der Linie, dem Adel der Bewegung wie der Grazie der Ruhe, der vollendeten Beherrschung jeder Situation, den gesellschaftlichen Talenten – kurzum, der waren Vollkommenheit dieser Tiere nur annährend gerecht werden, so stiege in der Welt der Aestheten und Tierfreunde eine solche Sehnsucht nach ihnen auf, daß die Katzenmütter Siams von einem Wochenbettchen ins andere steigen müßten, sie zu stillen, und zu anderen Freunden ihres Katzendaseins nicht mehr die philosophische Ruhe und Beschaulichkeit fänden, durch die sie uns heute entzücken…“ (48)
Horst Kalthoff ein deutscher Augenarzt und Autor schreibt in seiner Biographie über einen Siamkater, den seine Familie aus der Dschaya Zucht hatte:
„…Vater züchtete seit seiner Assistentenzeit Schäferhunde, bis Mutter es auf der Etage zu viel wurde. Seither besaßen wir den Siamesischen Königskater Loma. Die Siamesen stammen aus Persien. Der deutsche Kaiser erhielt ein Paar geschenkt und gab es zur Zucht an Frau Eugenie von Garvens in Worpswede. Von dort kam unser schlanker Loma mit kurzem, hellen „blauen“ Fell. Schwanz und Beine waren dunkler behaart. Der zierliche Kopf mit hübschem Streifenmuster trug große, spitze, außen fast schwarze Ohren. Die schmale, dunkle Nase hatte, weiße Schnurrhaare. Mit hellblauen Augen schaute Loma in die Welt. Anders als moderne Katzen trank er frische Milch, fraß rohes oder zubereitetes Fleisch. Wegen häufiger Erkältungen machten wir ihm Kamillendampfbäder… Abends legte sich Loma zu einem von uns ins Bett. Nach dem Einschlafen schlich er fort und schlief im Korb auf der Küchenheizung. Eines Morgens roch Röschen Gas, glücklicherweise bevor Vater mit brennender Zigarette auftauchte. Loma hatte einen damals noch ungesicherten Gashahn geöffnet und lag tot auf dem Herd. Wir waren sehr traurig. Herr Fricke, gelegentlich als Chauffeur in grauer Livree und mit Schirmmütze für Vater tätig, fuhr uns zum Bredenberg, um Loma unter dem Findling vordem Hause zu begraben. Vater kaufte derweil in Worpswede einen neuen Siamesen namens Rono…“ (49)
Der Zwinger von Frau v. Garvens wird 1933 in der Zeitschrift „Die Umschau“ Bd 4 lobend erwähnt: „…Einer der besten Zwinger ist der Dschaja – Zwinger in Worpswede.“ Auf der zweiten Dresdner Katzenausstellung vom 29.10.-1.11.1927 konnte man auch Siamesen aus den BANGKOK Zwinger bewundern. Die Presse schieb: „Viel Beachtung fand auch eine Zuchtgruppe von siamesischen Tempel- oder Königskatzen aus dem Siamzwinger von Bangkok.“ (50)
Von der bekannten österreichischen Schauspielerin Tilla Durieux ist bekannt, dass sie in ihrer Berliner Zeit in den 20er Jahren Siamesen gezüchtet hat. Rainer Hildebrandt, ein deutscher Menschenrechtsaktivist und Publizist besaß einen Kater aus ihrer Zucht: „Sein erstes Haustier der Kater Till, wurde ihm von dem Dichter und Bühnenautor Bernhard Blume geschenkt Till stammte aus der Siamkatzenzucht der großen Schauspielerin Tilla Durieux. Sie hatte das Tier Blume geschenkt, dieser wiederum, als seine Frau ein Kind bekam, übergab es Rainer. Till schlich abends zur Straßenbahnhaltestelle und wartete, bis sein neuer Herr nach Hause kam.“ (6)

Einige Fotographien Durieux´ zeigen Sie mit ihren Siamkatzen, Prinzessin Locki und Prinz Sirdar aus den Jahren 1924-1927. (51)
Prinzessin Locki (52)
Über Prinzessin Locki schreibt Tilla Durieux:
„Prinzessin Locki aus Siam ist die Regentin meines Hauses. Streng und ungerecht hackt sie ihre kleinen spitzen Krallchen in Seide, Wolle, Holz, Menschenhaut und Polsterstühle…. Neben ihr führt klein Sirdar – auch aus Siam – sein schüchternes Dasein, gekränkt oft, weil man ihn Minkusch ruft. Friedvoll zärtlich, jung und äußerst gefräßig muss er die Launen der stolzen Schönen ertragen. Eines Tages verlangte, nein schrie die Prinzessin heftig nach einem Gemahl, und als ihre Haltung würdeloser wurde, ihre Schreie immer dringender, als sich Sirdar rastlos in seiner großen Jugend der Tobenden gegenüber sah, da wurde unter den Söhnen des Landes Siam Umschau gehalten, und die Wahl fiel auf Düssel, lebend in Wien, bei Herrn Kommerzialrat Lesti. Ein Flugzeug brachte den feurigen Freier nach Berlin, doch Prinzeß Locki hatte keine Gnade für ihn. Sein heißes, klangvolles Werben war rührend wie dramatisch, er sang die kunstvollsten Arien, sprang die geschmeidigsten Sprünge, aber Locki blieb Stein. Doch in finsterer, stiller Nacht, ungesehen und ungehört, muß sie doch den Pfeilen Amors erlegen sein, denn wenn auch ihre kalten, blauen Augen jungfräulichen Stolz weiter behaupten, scheint es doch, als sollten in einigen Wochen kleine Prinzen und Prinzessinnen um sie herumspielen. In den Stunden ihrer kratzenden Sprödigkeit fanden sich, in eine dunkle Ecke geflüchtet, jung Sirdar und Düssel in tröstender Freundschaft. Die Wunden, die ihnen die herbe Dame schlug, glätteten sie sich gegenseitig mit Tränen in den Augen….“ (53)
In den folgenden fünf Jahren kamen weitere Zwinger und Züchter hinzu. Der Zwinger MUANG THAI von Fr. Münch importiere aus Frankreich zwei Siamkatzen. Frau Münch war bis Anfang der dreißiger Jahre sehr aktiv. Der Zwinger feierte 1968 sein 40- jähriges Bestehen unter Margarete Lorscheid, die den Zwingernamen 1952 übernommen und noch ein Originaltier seit 1941 aus diesem Zwinger in Besitz hatte. Weitere Zwinger wurden registrert: NEANDERTHAL von Herr Dreiser aus Düsseldorf, Frau A. Wenzuel mit Zwingernamen CHIEMSEE, Frau Koch, Zwinger VON DER FRANKFURT, züchtete mit Siamesen aus dem Frankfurter Zoo, während Herr Wyneken aus Berlin, Zwinger LAO-THAI, mit Siamesen aus dem Berliner Zoo züchtete. Herr Sadlowski aus Berlin, Zwinger DSCHIDDA, Zwinger DHIOANGIELAIKY von Frl. Schwalbe aus Berlin, der Zwinger KARIATHIARIM von Frl. Müller aus Balzhausen und der Zwinger von Mme Bonneau aus Köln, VOM WEISSEN ELEFANTEN, sie züchtete mit französischen Linien. Auch dieser Zwingername wurde später übernommen von ihrer Freundin Frau Roesler. (54) Bei den Siamkatzen handelte es sich Importe aus Siam und Indochina oder deutschen Zoologischen Gärten (Exotische Rassekatzen wurden dort zu jener Zeit gezüchtet), aber auch Siamesen aus England, Dänemark und Frankreich wurden in die Zuchtarbeit integriert.
Der deutsche Pilot Friedrich Karl Freiherr Koenig von und zu Warthausen starteteim Sommer 1928 im Alter von 22 Jahren mit seinem Siamkater, den ihm die thailändische Kronprinzessin Pantip Tanim als Begleitung geschenkt hat, zu einem Flug um die Erde. Bei seiner Landung 1928 in New York schreib die Presse: „Der deutsche Flieger v. König-Warthausen hat seinen Etappensieg um die Welt erfolgreich beendet und ist auf dem New-Yorker Roosevelt-Flugplatz glücklich gelandet. Seine drei Glücksbringer, eine Siamkatze und zwei Eidechsen, haben den Flug ebenfalls gut überstanden.“ (9)
Der Schriftsteller Walter Hasenclever scheibt 1928 eine Hommage über seine Siamkatze:
„Miß Siam heißt meine Katze. Sie ist siamesischen Ursprungs, hat hellblaue Augen und einen grauen Pelz aus einem ersten Pariser Modehaus. Sie ist überhaupt sehr schön. Ich habe sie Miß Siam getauft für die amerikanische Schönheitskonkurrenz. Sie soll neben Miß France. Miß Germany und Miß Jtaly würdig ihre Rasse vertreten. Jedes Jahr werden die schönsten Frauen preis- gekrönt. Ich plaidiere für meine Katze. Als ich sie bekam, war sie ein kleines, ängstliches Baby. Ich habe damals hundert Francs für sie bezahlt, ohne Luxussteuer. Sie hatte dunkle Ohren und eine lustige, schwarze Schnautze, Sie wurde in einem verschlossenen Korb gebracht, sprang heraus, weinte etwas und sah sich scheu und heimatlos um. Ich zeigte ihr die Küche und das W. E., ermahnte sie, nicht ohne Erlaubnis auszugehen, keine Tanzvergnügen zu besuchen, sich auf der Straße nicht ansprechen zu lassen, und brachte sie schließlich zu Bett. Sie wuchs und gedieh. Mit reger Anteilnahme verfolgte sie sämtliche Ereignisse im Hause. Sie sprang auf den Spiegel, kletterte auf die Schränke und saß schön und dekorativ auf der Uhr. Eigensinnig verlangte sie, nachts in meinem Bett zu schlafen. Es kam zu ernsten Konflikten. Hier erlebte sie ihre erste Enttäuschung und zog sich beleidigt in ihren Korb zurück. Manchmal saß sie draußen vor dem Fenster in der Sonne und besah sich neugierig die Stadt. Ich zeigte ihr den Eiffelturm, die Lichter von Montmartre und erzählte ihr von den Läden der Rue de la Paix. Einmal brachte ich ihr ein Spielzeug mit, einen kleinen, gelben Assen, mit dem spielt sie Katze und Maus. Sie treibt ihn mit lustigen Sprüngen durchs Zimmer, wirft ihn hoch und fängt ihn wieder auf. Jeder, sagt Hauptmann, hat halt eine Sehnsucht. Bald wurden wir unzertrennlich. Miß Siam nahm meine Gewohnheiten an. Morgens, beim Aufstehen, war sie faul und träge. Erst am Abend taute sie auf. Nachts begann ein wildes Leben. Erst saß sie schweigend und rücksichtsvoll auf meinen Manuskripten. Zusammengekauert, mit Eulenblick, verfolgte sie jede Bewegung. Nichts entging ihr. Wenn ich mitten im Satz stecken blieb, schnurrte sie, um mich anzuregen. Dann aber tappte sie mit der Pfote nach meinem Federhalter. „Genug,“ sagte sie lautlos. „Es ist drei Uhr. Jetzt wird gefressen.“ Dann gehen wir in die Küche, machen Salat an und holen Fleisch. Miß Siam hinter mir her. Wir essen zu abend, sprechen über Politik und Theater und schimpfen auf die Literatur. Dann spielen wir Blindekuh, was so vor sich geht, daß ich Miß Siam in eine Düte stecke, worauf sie mit großem Gepolter durchs Zimmer rollt. Das ist sehr komisch. Und dann gehen wir schlafen. Miß macht sich alle Kleider selber. Trotzdem sie Sommer und Winter die gleiche Toilette trägt, sieht sie immer elegant aus. Im Frühjahr verliert sie ein paar Haare, im Herbst wachsen sie wieder nach. Ihr Pelz kostet nicht einmal Aufbewahrungsgebühren. Sie braucht keinen Puder und keine Seife. Sie macht alles allein. Sie hat nie schlechte Laune. Es gibt selten Krach. Sie hat weder Freud noch Van de Velde gelesen. Allzugroße Zärtlichkeiten verlangt sie nicht. In ihrer Katzenseele schlummern keine dunklen Triebe. Sie leibet nicht an Hemmungen. Sie hat die richtige Einstellung zum Leben. Nur eins hat sie mit Frauen gemein: man weiß nie, was sie denkt. Sie besitzt die gesunde Taktik eines primitiven Wesens, das von keiner Philosophie verdorben ist. Manchmal, wenn wir uns nachts in die Augen sehen, halte ich einen stillen Monolog. Geliebte Katze, denke ich, wie gut Du es hast! Du brauchst keine Bücher zu lesen und keine Stücke zu schreiben. Du weißt nichts von Krankheit und Tod. Instinktsicher und ahnungslos wärmst Du Dich in der Sonne. Deine unsterbliche Seele nimmt den Dir gemäßen Anteil an dieser Welt. Du frißt, wenn Du Hunger hast, und hörst auf. wenn Du satt bist. Du trinkst keinen Cognac. Du bekommst keine Post. Die Sterne, die über Dir scheinen, find Dir nicht Boten einer unendlichen Gegenwart. Du lebst, als wäre nie etwas anderes geschehen. Als gäbe es nur Dich auf der Welt . . . Süßes, siamesisches Tier, Du lebst richtig. Du wandelst jenseits der Erkenntnis. Ich beneide Dich um Dein Paradies. Der Engel mit dem Flammenschwert hat Dich nicht vertrieben. Dein einziges Pech ist, mit mir leben zu müssen. Du trägst es mit Humor.“ (21)
Hermann Bessemer schreibt 1931 über Siamkatzen:
„Die Preisrichter indessen, so scheint es, ziehen Blondinen vor. Unter den Kotzen sind die Siamesinnen, was unter den Frauen die Blondinen sind. Siamkatzen sind die große Mode des Tages, in der Ausstellung im Prater sieht man ihrer so viele, daß man an eine Serienerzeugung von Siamkatzen glauben könnte. Mit ihrem erdgelbem Fell und dem schwarz gepuderten Lärvchen gleichen sie kleinen exotischen Kokotten und sie kosten auch dementsprechend. Wie bieder, wie hausbacken nimmt sich neben solcher Prinzessin aus Siam eine gewöhnliche österreichische Hauskatze aus.“ (55)

Paul Eipper (* 10. Juli 1891 in Stuttgart; † 22. Juli 1964 in Feldafing) ein deutscher Schriftsteller schreibt einen sehr schönen Beitrag über seine eigene Siamkatze und seine Zucht 1935:
Lulos Wochenkorb (56)
„Meine erste Siamkatze kam aus Tibet, aus einem buddhistischen Bergkloster. Sie hieß Lulo, und ich hatte einige Schwierigkeiten, in Deutschland den ebenbürtigen Gatten für sie zu finden; damals waren die Siamkatzen noch keineswegs „Mode“ bei uns. Als ich dann doch einen fast schwarzen, herrlichen Siamkater fand, geschah das Unerwartete: Lulo lehnte ihn ab. Mit Spucken, Kratzen und unter Zerstörung sämtlicher Gardinen meines Arbeitszimmers. Ich bin viel zu sehr gegen jede Vermenschlichung der Tiere, um mir einzubilden, Lulo habe schon damals ihren rechten Gemahl vorausgeahnt; doch als sechs Monate später der seidenglänzende, riesengroße „Buddha“ in ihr Gesichtsfeld trat, waren keinerlei Schwierigkeiten in der Gefühlseinstellung zu überwinden: Lulo ist Jahr um Jahr Mutter von entzückenden, rassereinen Siamkätzchen geworden. Wo soll ich anfangen — besser gesagt —, wie kann ich jemals enden bei der Erzählung von der Freude und dem Glück, das durch diese anmutigsten Tiergeschöpfe in meine Familie gekommen ist? Soll ich zuerst von den „Kleingoldigen“ sprechen fünfter Wurf), die genau jeden Klingelton in der Wohnung unterscheiden konnten? Wenn das Telefon rasselte, sausten sie — wie aus der Kanone geschossen — Brust an Brust in mein Arbeitszimmer, sprangen über den Armstuhl zur Schreibtischplatte hinauf und hockten sich erwartungsvoll neugierig im Kreis um den schwarzen Sprechapparat. Sie liefen stets zur richtigen Korridortüre, verwechselten niemals das Geläut der vorderen und der hinteren Einlasspforte, und wenn unten vor dem Haus der Milchmann klingelte, ratschten sie — muskelstarke Meisterkletterer — um die Wette am Mullvorhang hinauf, langgestreckt und gewalttätig. Aber sie hatten an ihrer Mutter eine treffliche Lehrmeisterin, die sie zu körperlicher und geistiger Lebenstüchtigkeit dauernd schulte, in unauffälliger Spielerei. Ich sah manche Stunde reglos in der dunklen Zimmerecke und sah dem Treiben zu. Eben trollte Lulo gelangweilt durchs Zimmer, tat, als beachte sie keineswegs, dass ihre Brut aufmerksam hinterdrein marschiert, vorsichtige und zugleich tolpatschige Tierzwerge. Als die Mutter mit einem Satz in den weich gepolsterten Wohnkorb springt, bilden sich die Kinder ein, nun käme die Stunde des behaglichen Trinkens, des genußvoll warmen Zusammenliegens. Weit gefehlt: Lulo beißt unvermittelt ihre Jungen, strampelt wild und mit kurzem, hartem Anrucken der Hinterbeine, leckt dann plötzlich wieder die Kleinen, schnurrt, gurrt, brummt und wirft die erschreckt quietschenden Katzenkinder hoch. Immer ausgelassener und wilder wird die Mutterkatze. Rückwärts fallend im Korb, stellt sie sich nun aus dem Kopf, wippt mit den Beinen, verrenkt in Zuckungen den ganzen Körper , lacht scheinbar über sich selbst (sie sperrt nämlich ihren Rachen weit aus, ohne zu fauchen); aber schon beißt sie wieder das eine Kind ins Hinterteil, stößt das andere, schleudert das dritte seitlich weg: endlich begreifen die Iungen und gehen von verschiedenen Seiten zum Gegenangriff vor. Dies eben will die Tiermutter; ihr Spiel bezweckt die Ausbildung der Körperkräfte ihrer Kinder, das Wecken ihres Temperaments, ihres Muts, der Angriffslust! Jetzt beißen sie sich einheitlich an die Mutter heran, hüpfen über Lulos Rücken wie Frösche hinweg, verkrampfen sich ineinander, schnurren auch, brummen aber immer wieder kampferfüllt dazwischen, fauchen sogar mit gesträubten Bärten. Nur eines sitzt abseits, aufrecht in der äußersten Korbecke, als ob es Schiedsrichter spielen müsse, und prüft schrägen Kopfes den Kampf. Eben wird sein Bruder vom Schwesterchen hart ins Ohr gebissen, das dritte Katzenkind fallt vor Schrecken über den Angstruf seinerseits um, nimmt aber flink die Gelegenheit wahr, von unten her in den rosafarbenen Milchbauch des kleinen Katers zu zwicken. Alles wimmert, kämpft, wetzt und hastet durcheinander; nun kann sich auch der Schiedsrichter nicht mehr beherrschen, hebt das linke Vorderpfötchen — um den Kampf zu bremsen? Dreinzuschlagen? Iedenfalls verlor das Kätzchen so sein Gleichgewicht, purzelte mitten unter die wilden Geschwister und landete am Kinn der aufmerksam zuschauenden Mutter. Lulo führte zur Begrüßung ihre rote Zunge streichelnd über das verdutzte Kind, und mit einemmal erlosch auch bei den anderen jede Lust am Kampf; sie drangen gemeinsam zu den Milchquellen vor. Als ich Lulo ein paar Tage mit alter Zurückhaltung gepflegt hatte, schrieb ich in mein Tagebuch: Muskuloses, hochbeiniges Raubtier. Das Haarkleid kurz, dicht und glänzend braun in allen Schattierungen. Fast unmöglich, den Reiz dieses Farbenakkords zu schildern: isabellzart am Bauch, sandfarben getönt über den Flanken; am Rücken wie das Deckblatt einer guten Zigarre, zur Sattheit gerösteter Kastanien sich steigernd gegen Beine und Schwanz. Aber tiefer braun noch, fast schwarz ist der Kopf, ein Maskengesicht mit geheimnisvollen Zeichen über der Stirn. Rätselvoll wirkt dieser kleine, runde Kopf, den spitze Schattenohren zieren. Er wächst scheinbar halslos aus der seidigen, malvenhellen Brust heraus. Ein rotes Zünglein spielt unter der schwarzen Nase; starr stehen die langen, weißen Borsten des Bartes zu beiden Seiten; die Düsternis des Ganzen aber blüht zum frohen Märchen auf durch zwei azurblaue Augen — Sterne, die tief wie ein Abgrund und lichtglänzend wie der besonnte Aether sind.Ja, so erschien mir Lulo, und sie blieb trotz, jahrelanger Gemeinschaft irgendwie rätselvoll fremd für uns Menschen. Dagegen strömte von Anbeginn alle Liebe der Zugehörigkeit zwischen „Cleary“ und mir. Auch Cleary war ein Lulo-Sohn, weiß bei seiner Geburt, mit einem drolligen Ringelschwänzchen. Die Färbung seines Fells wechselte allmählich von weiß zu heller Sandfarbe; Ohrenecken, Nase, Schwanzspitze glänzten schwarz; die Füßchen waren dunkel- braun beschuht. Dazu strahlten himmelblaue Augen! Doch alle Beschreibung zeigt nicht die Anmut, Zärtlichkeit, Liebe und Schönheit dieses Tiergeschöpfs, das im Charakter auch dann noch kindlich sanft und vertrauensvoll zu uns Menschen blieb, als der kraftstrotzende Siamese schon rührend besorgter Vater von vielen kleinen Kätzchen war.“ (57)
In den 30 Jahren kamen neue Zwingernamen hinzu: Frau U. Dryssen nach Gross-Hansdorf mit dem Zwinger LAOS. Sie importierte aus Siam und Singapore. Doris Voitel, Zwinger KARPUTHALA, in Meissen züchtete mit französischen Linien, die sich offenbar großer Beliebtheit erfreuten. (2g) Weitere Neuzüchter kamen nach und nach hinzu z.B. VOM SCHLOSS TEGEL (Frau Lu Ruschke in Berlin), VON KARPUTHALA (Doris Voitel in Meissen), VOM RÖMERBERG (Fr. Elly Bischlef in Frankfurt), VON BOXBERG (Scheven in Bad Mergentheim), VOM LOTOSZWINGER (Frl. E. Grobe, Düsseldorf), VON FROHNAU (Margret Bienko, Berlin), VON CHEMNITZIA, VOM KIRBERICHSHOF (Fr. Helene Jungschläger, Aachen), VON CHIENGMAI, VON NIENSTEDTEN, VON ANGKOR VAT (E. Kühne, Köln), VOM FREYAWEG (Fr. Prof. Scholz, Breslau-Wilhelmsruh), VOM EDELSTEIN (Frl. J. Roden, Berlin), VON BUBASTIS (Fr. Eilender, Aachen), VON SHUNDA (Fr. Dr. Scholz, Bernburg), VOM GISELAHOF (Dr. Osborm, München), ALAOKO (Emmy Barz. Berlin), LARS, SCHÖNBRUNN, VOM DSCHUNGEL, VOM BERGGARTEN, vd SCHLEIFMÜHLE, VON DETERSHAGEN, VON DER ROTHENBURG, VON SIEGERHEIM, VON FALKENBERG, VON PETERSHOF, VON KORAT u.a. und so finden sich mehr und mehr Siamesen auf den zahlreichen internationalen Ausstellungen oder abgebildet in der damaligen Katzenzeitschrift „Das deutsche Katzenwesen“.

Eule Laos mit Wurf 1934 (58)

Jael Schabako mit Wurf (19)

Isis vom Lotoszwinger (18)
Noch im Jahre 1937, anlässlich der 1. Katzenausstellung in Bern (Schweiz), wurde zwischen Kurzschweif- und Langschweif-Siamkatzen, so wie auch in Deutschland, unterschieden und in diesen zwei Kategorien gerichtet. Es wurden in Bern übrigens 29 langschweifige und 11 kurzschweifige Siamesen gezeigt. Zur Nazizeit musste der der 1. Deutsche Angora-Schutz und Zuchtverein aufgelöst werden und gründete sich 1949 als DEKZV neu.
Ein weiterer bekannter Zwinger war SCHABAKO von Paul Sackarndt. Ihm verdanken wir einen schönen Bericht über seinen Zuchtkater Timur.
„Er kam zu mir, als er sechs Wochen alt und knapp entwöhnt war, in einem gepolsterten Kistchen als Expreßgut, das seine Eile durchdringend bekundete. Er zwängte den törichten kleinen Dickkopf, der ihm noch etwas zu schwer war, ins Freie und schien voller Mißtrauen, klagte unter der Couch auch zehn Minuten wegen der fehlenden Mutter und des fremdriechenden Milieus, begann dann aber die erste Erkundungsfahrt in der Wohnung, schlapperte etwas Wasser, untersuchte das Torfkätzchen und benutzte es gleich richtig, stellte sich schließlich vor mich hin, sah aus blitzblauen Augen begeistert schielend an mich hoch und enterte mich in einem einzigen senkrechten, krallenscharfen Sturmlauf. Auf der Schulter sitzend, schnurrte etwas, glättete ein wenig an dem sahneweißen Pelzchen herum und hatte mich, kurz gesagt, glattweg in Besitz genommen. Dabei blieb es fünfzehn Jahre lang.
Ich nannte ihn Timur, das klang so nach „Sturm über Asien“, und schließlich stammte er ja aus Siam und war eine männliche Tempel- oder Königskatze. Dies ist nicht so dahingesagt, bitte, der mitgebrachte Personalausweis, die Rolle des Stammbaumes vielmehr, war eineinviertel Meter lang und reichte, was die Züchter angeht, von Tilla Durieux bis zu einer veritablen braunen Prinzessin in Bangkok zurück… Die erste tiefgehende Erfahrung machte mein kleiner Freund, als die Mannbarkeit ihn schmerzlich beunruhigte. ……Man mußte ihn verheiraten, und bald wurde eine gleichfalls singende Braut gebracht: Jael aus hochfürstlichem Stamme, mit dem dreieckigen Schlangenkopf und dem leicht hysterischen Augenausdruck ihres Hauses, in dem es nicht ohne Inzucht hergegangen war, mit leicht gekrümmtem Rücken mißtrauisch daherschreitend, in dieser Stunde ein wahres Rührmichnichtan. Sie hatte den Kater gewittert und biß mir im Flur zur Begrüßung gleich eine Vene durch; dann machte Timur die Zimmertür auf… Solch eine Katzenhochzeit ist oft genug geschildert worden. Scheinbar im gleichen Zeitraum hingen die beiden Tiere oben in einer Gardine, schlugen sich unter dem Tisch und jagten sich kreischend über sämtliche Möbel, ehe es mir gelang, sie zu trennen und schmachten zu lassen, bis es Abend wurde und die Rufe sanfter und klagender wurden. Nach zwei Tagen verschwand Jael wieder, und Timur schien froh, wieder allein zu sein.“
Weiter lesen wir, wie der 2. Weltkrieg auch den Tieren zu schaffen machte:
„Dann kam der zweite Krieg. Mit mir lernte Timur Unbegreifliches – schließlich auch, daß ich ihn verlassen mußte. Von da ab habe ich nur noch Bericht über ihn, der mein kleiner Hausgeist war. Er hob müde die faltig gewordene Maske, wenn die Sirenen aufheulten und schritt von selbst zu dem Körbchen, in dem er zum Luftschutzkeller gebracht wurde. Er konnte die gewohnte Speise nicht mehr bekommen, und der Ersatz ekelte ihn an; so begann er, konsequent wie eben ein Wesen von Rasse, zu hungern, bis er unter den Falten seines dick und greisig gewordenen Pelzes nur mehr ein Schatten seiner selbst war. Er ertrug alles, zumal ihn die Sinneskräfte langsam zu verlassen begannen, in der stummen, zeichenlosen Fassung, die nur selten ein sehr naturnaher Mensch aufbringt – bis menschliches Erbarmen ihn mit einer Injektion schmerzlos von dieser Last befreite. Und er gab sich, wie ich hörte, dem Arzt mit demselben tiefen Vertrauen in die Hand, mit dem er als Tierkind sich vor anderthalb Jahrzehnten mir zugestellt hatte, als auch ich noch harmloser von den Menschen dachte.“ (20)
QUELLEN:
- (1)Zoologische Garten: Zeitschrift für die gesamte Tiergärtnerei 1895 & Illustrierte Zeitung Nr. 2703, B. Pittrich S.466 vom 20.4.1895
- (2) Bericht, Offenbacher Verein für Naturkunde, 1895, S. 30
- (3) Horst Kalthoff, Eine Jugend in Bremen und Hamburg: 1926-1956, S. 46
- (4) Der Zoologische Garten Band 59 (1918)
- (5) aus Pol Sackarndt, Katzen, 1930, Tf.15
- (6) Alexandra Hildebrandt, Ein Mensch Rainer Hildebrandt: Begegnungen, S.16
- (7) Zoologische Garten: Zeitschrift für die gesamte Tiergärtnerei, 1903
- (8) Zoologische Garten: Zeitschrift für die gesamte Tiergärtnerei, 1907
- (9) Kleine Volks-Zeitung, 5. November 1929
- (10) Neue Beiträge zur Kenntnis der Säugethier-fauna von Ostafrika, von Th Noack S. 253, 1893
- (11) Verhandlungen der Deutschen Pathologischen Gesellschaft 1907, S.277
- (12) Müller-Liebenwalde, Dr. J. (1894): Der Tierbestand des Berliner Zoologischen Gartens, Der Zoologische Garten, Jahrgang 35, Nr. 3, S. 78-85
- (13) Das deutsche Katzenwesen 12/1936
- (14) C.B.KLuntzinger , Geschichte der Stuttgarter Tiergärten, S. 215;
- (15) Frank Brandstätter „Geschichte der Katzenhaltung im Neunkircher Zoo“ in Zoo Magazin Süd 1/2001
- (16) Bade- und Reise Journal 30. Juni 1899
- (17) http://katzenveranstaltungen.de/so-entstanden-rassekatzenausstellungen/
- (18) Katzenwesen 2/1938
- (19) Das deutsche Katzenwesen 1934
- (20) Katzenspiegel, Eugen Skasa-Weiss, 1963, S. 296: Paul Sackarndt, Ein Herr aus Siam
- (21) Badische Presse : Generalanzeiger der Residenz Karlsruhe und des Großherzogtums Baden, Abendausgabe, 26.7.1928
- (22) Allgemeine Zeitung, 22.09.1900
- (23) Allgemeine Zeitung, 05.02.1903
- (24) Allgemeine Zeitung, 05.03.1903
- (25) Montags-Revue aus Böhmen 15. August 1898;
- (26) Montags-Revue aus Böhmen 15. August 1898
- (27) Feldkircher Anzeiger 13. Dezember 1898
- (28) Bade- und Reise-Journal 30. Juni 1899; Zeitschrift Die Ostschweiz 7 July 1899
- (29) Stadtarchiv Mannheim
- (30) Allgemeine Zeitung, 22.09.1900
- (31) Grazer Volksblatt 13. April 1900
- (32) Rassekatzen von Jan Varejcko
- (33) Badische Landes-Zeitung, Abendblatt 14.1.1904
- (34) Rassekatzen von Jan Varejcko
- (35) Allgemeine Zeitung 20.02.1906
- (36) Rassekatzen von Jan Varejcko
- (37) www.stadtgeschichte-ffm.de
- (38) 60 Jahre DEKZV
- (39) Vorarlberger Volksblatt 1913
- (40) Viktoria Luise (Herzogin zu Braunschweig und Lüneburg), Ein Leben als Tochter des Kaisers, S.20
- (41) Das Vaterland 22.9.1911
- (42) Das deutsche Katzenwesen 06/1938
- (43) „Die Edelkatze“ 1972 Margarete Lorscheid
- (44) Die Edelkatze 1972, Margarete Lorscheid & 70 Jahre DEKZV
- (45) Der Querschnitt 1926, Jg 6, Heft 2
- (46) Das Katzenbuch von Wolf von Metzsch-Schilbach
- (47) aus Pol Sackarndt, Katzen, 1930
- (48) Der Querschnitt 6.Jg, 1926
- (49) Horst Kalthoff, Eine Jugend in Bremen und Hamburg 1926-1956
- (50) St. Pöltner Bote, 5. Januar 1928; S.25
- (51) www.gettyimages.de
- (52) Der Querschnitt 1927 Heft 7
- (53) Der Querschnitt 1927 Heft 7
- (54) Die Edelkatze 1972, Margarete Lorscheid & 70 Jahre DEKZV
- (55) Der Tag, 11.6.1931
- (56) Paul Eipper, Freundschaft mit Katzen
- (57) Aus: Paul Eipper „Freundschaft mit Katzen“ 1931. Paul Eipper (* 10. Juli 1891 in Stuttgart; † 22. Juli 1964 in Feldafing) war ein deutscher Schriftsteller. (58) Katzenwesen 1934